Quelle: Die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen, Tätigkeitsbericht 2021, S. 151f.
Regelmäßig erreichen mich Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern, die von ihren Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern per GPS geortet werden. In fast allen Fällen ist die GPS-Ortung rechtswidrig, weil sie für die verfolgten Ziele nicht erforderlich ist.
Im Rahmen eines bestehenden Arbeitsvertrages dürfen Arbeitgeberinnen und
Arbeitgeber Beschäftigtendaten nach § 26 Absatz 1 Satz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) unter zwei Voraussetzungen verarbeiten:
- Die Verarbeitung der Beschäftigtendaten muss grundsätzlich für den Zweck „Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses“ erfolgen, mit anderen Worten für die „Erfüllung des jeweiligen Arbeitsvertrages“.
- Darüber hinaus muss die Verarbeitung der konkreten Beschäftigtendaten für diesen Zweck erforderlich sein.
Unter den Begriff „verarbeiten“ fallen laut der Definition in Artikel 4 Nummer 2 der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) unter anderem die Erhebung und Nutzung von Beschäftigtendaten. Hierzu zählt auch die Erhebung und Nutzung mittels GPS erhobener Positionsdaten von Beschäftigten.
Die unternehmerische Freiheit erlaubt es Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern im Rahmen ihres Weisungsrechts, gegenüber den Beschäftigten die Art und Weise der Erbringung der jeweiligen Arbeitsleistung, also Arbeitsabläufe, zu bestimmen. Folglich dürfen sie grundsätzlich die für die Gestaltung von Arbeitsabläufen erforderlichen Beschäftigtendaten erheben und nutzen.
Gesetzliche Voraussetzungen liegen nicht vor
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber geben häufig an, mittels der GPS-Ortung ihrer Beschäftigten Arbeitsabläufe bestimmen zu wollen oder aber berechtigte Interessen zu verfolgen, unter anderem: Tourenplanung, Mitarbeiter- und Mitarbeiterinneneinsatz, präventiver Diebstahlschutz für die eingesetzten Firmenfahrzeuge oder zum Nachweis für geleistete Tätigkeiten gegenüber Vertragspartnern.
Jedoch ist die GPS-Ortung von Beschäftigten in der Regel hierfür nicht erforderlich. Dies hat das Verwaltungsgericht Lüneburg bereits mit Urteil vom 19. März 2019 (Aktenzeichen 4 A 12/19) festgestellt. Hierüber habe ich bereits in meinem 25. Tätigkeitsbericht berichtet. Zwischenzeitlich ist das Urteil mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 3. April 2020 (Aktenzeichen 11 LA 154/19) rechtskräftig geworden.
In der Regel ist eine GPS-Ortung von Beschäftigten auch nicht aufgrund von berechtigten Interessen von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern möglich. Auch wenn Diebstahlsschutz sowie eine Beweisführung gegenüber Vertragspartnern berechtigte Interessen darstellen, ist eine fortlaufende GPS-Ortung der Beschäftigten nicht geeignet, Diebstähle zu verhindern. Die in der Vergangenheit erhobenen Positionsdaten der Beschäftigten können nicht dazu führen, die aktuelle Position des Täters zu bestimmen. Daher würde es ausreichen, die GPS-Ortung erst nach einem Diebstahl zu aktivieren. Weiter wird durch die GPS-Ortung der Beschäftigten gegenüber Vertragspartnern nicht nachgewiesen, dass eine Leistung tatsächlich erbracht worden ist, sondern allenfalls, dass ein Beschäftigter sich möglicherweise am Leistungsort befand.
Ortung mit Einwilligung der Beschäftigten?
Immer wieder behaupten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, dass die GPS-Ortung ihrer Beschäftigten mit deren Einwilligung erfolgt. Um rechtswirksam zu sein, muss diese Einwilligung aber freiwillig erteilt worden sein. Tatsächlich freiwillig wird eine Einwilligung aber selten sein, weil zwischen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern ein Über- und Unterordnungsverhältnis herrscht. Beschäftigte willigen häufig nicht freiwillig ein, sondern weil sie andernfalls Nachteile befürchten.
Das Gesetz nennt Indizien, wann von einer Freiwilligkeit der Einwilligung eines Beschäftigten ausgegangen werden kann: Freiwilligkeit kann insbesondere vorliegen, wenn für die beschäftigte Person ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Vorteil erreicht wird oder Arbeitgeber und beschäftigte Person gleichgelagerte Interessen verfolgen (§ 26 Absatz 2 Satz 2 BDSG). Diese Indizien sind häufig nicht gegeben.
Die Freiwilligkeit und damit Rechtswirksamkeit einer Einwilligung von Beschäftigten in die Verarbeitung ihrer Positionsdaten nehme ich zum Beispiel nur dann an, wenn den Beschäftigten hierfür ein Vorteil, wie die private Nutzung der Firmenfahrzeuge, gewährt worden ist und weitere Indizien für die Freiwilligkeit der Einwilligung in die Datenverarbeitung vorlagen. Zum Beispiel, wenn die Beschäftigten die Möglichkeit hatten, das am Firmenfahrzeug angebrachte GPS-Ortungsgerät selbständig auszuschalten. Dabei ist zu beachten, dass Verantwortliche meiner Behörde gegenüber rechenschaftspflichtig sind (Artikel 5 Absatz 2 DS-GVO). Können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nicht belegen, dass eine Einwilligung freiwillig erteilt wurde, bleibt die Verarbeitung der Beschäftigtendaten rechtswidrig. In diesem Fall ergreife ich aufsichtsrechtliche Maßnahmen.
Zudem müssen Einwilligungen im Beschäftigtenverhältnis schriftlich erteilt werden und formellen Ansprüchen genügen (§26 Abs. 2 S. 3 und 4 BDSG).
Quelle: Die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen, Tätigkeitsbericht 2021, S. 151f.