Quelle: Die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen, Tätigkeitsbericht 2019, S. 177f.
Fotos und die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) – das ist schon im privaten Bereich nicht immer einfach. Doch wie ist die Rechtslage, wenn staatliche Stellen, zum Beispiel im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit, zur Kamera greifen?
„Wir als Stadtverwaltung möchten ein Sommerfest durchführen. Was müssen wir bei den Fotografien beachten?“
„Wir sind eine Berufskammer und veranstalten einen Nachwuchstag. Müssen wir alle ausladen, die sich nicht vorher mit Fotos einverstanden erklären?“
Anfragen dieser Art erreichen mich regelmäßig. Das Engagement der Anfragenden bei der Organisation solcher Veranstaltungen ist groß – und die Erwartungen der öffentlichen Stellen an die Öffentlichkeitsarbeit sind es ebenfalls. Oft ist das Erstaunen groß, dass auch für Fotografien im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit einer öffentlichen Stelle eine Rechtsgrundlage erforderlich ist.
Ich möchte anhand der Rechtslage darstellen, wie eine öffentliche Stelle unter Beachtung der DS-GVO Fotografien im öffentlichen Bereich anfertigen und veröffentlichen kann.
Rechtsgrundlage erforderlich
Wichtig ist, dass man sich zunächst Folgendes klarmacht: Wenn eine öffentliche Stelle Fotos veröffentlicht, auf denen Personen identifizierbar sind, liegt eine Datenverarbeitung vor. Diese Datenverarbeitung durch die öffentliche Stelle bedarf einer Rechtsgrundlage. Das gilt erst recht dann, wenn zugleich besondere Kategorien personenbezogener Daten i.S.v. Art. 9 Abs. 1 DS-GVO betroffen sind. Das ist schon dann der Fall, wenn auf den Fotos Brillen, Rollstühle und andere Gesundheitsdaten erkennbar sind. Dann muss zusätzlich eine Rechtsgrundlage vorliegen, die die Anforderungen des Art. 9 DS-GVO erfüllt.
Im Gegensatz zu Privatpersonen und nicht-öffentlichen Stellen kann sich eine öffentliche Stelle
nicht auf ein berechtigtes Interesse stützen (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DS-GVO). Das ergibt sich aus der ausdrücklichen Regelung des Art. 6 Abs. 1 Satz 2 DS-GVO, wonach die Rechtsgrundlage „Buchstabe f“ nicht für Behörden in Erfüllung ihrer Aufgaben gilt. § 3 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes (NDSG) zur Zulässigkeit der Verarbeitung findet in diesem Zusammenhang ebenfalls keine Anwendung.
Einwilligung muss freiwillig sein
Fotos, die im Rahmen behördlicher Öffentlichkeitsarbeit angefertigt werden, können daher nur auf eine Einwilligung der Betroffenen gestützt werden. Die Einwilligung ist in Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO und Art. 7 DS-GVO geregelt. Die Betroffenen müssen ihre Einwilligung stets freiwillig erteilen. Dieser Grundsatz bekommt hier eine besondere Bedeutung, weil Behörden und andere öffentliche Stellen, die im Rahmen ihrer Aufgaben bzw. begleitend zur Öffentlichkeitsarbeit Fotos veröffentlichen, sich grundsätzlich in einem sogenannten Über-/Unterordnungsverhältnis befinden. Daher müssen die öffentlichen Stellen anhand aller Umstände besonders gründlich prüfen, ob die Einwilligung freiwillig erteilt wurde (Erwägungsgrund Nr. 43 zur DS-GVO). Die Freiwilligkeit ist vor allem dann zu bejahen, wenn die Betroffenen die Einwilligung verweigern können, ohne Nachteile zu erleiden (z. B. ohne von der Veranstaltung ausgeschlossen zu werden, vgl. Erwägungsgrund Nr. 42 und Art. 7 Abs. 4 DS-GVO). Link: Kurzpapier der DSK „Einwilligungen nach der DS-GVO“
Wenn Fotos im Zusammenhang mit Pflichtveranstaltungen gemacht werden (z. B. in der Schule), kann die Einwilligung mangels einer echten Wahlmöglichkeit nicht freiwillig sein. Auch Gruppendruck sollte vermieden werden. Wenn dies beachtet wird, kommt außerhalb von Pflichtveranstaltungen die Freiwilligkeit einer Einwilligung in Betracht.
Daher ist eine freiwillige Einwilligung beispielsweise möglich bei Festen, Ehrungen, Preisverleihungen und Informationsveranstaltungen von Kommunen bzw. anderen öffentlichen Stellen. Im schulischen Bereich kommen sie z. B. bei der Einschulungsfeier, bei Klassenfotos im Schulgebäude, Fotos auf Klassenfahrten und Ausflügen bzw. in Jahrbüchern in Betracht.
Die eingangs zitierte Anfrage einer Berufskammer ist daher so zu beantworten: Wenn die Teilnahme an der Veranstaltung zwingend mit dem Anfertigen und Veröffentlichen von Fotos verknüpft wird, dann kann von einer nachteilsfreien, d.h. freiwilligen Einwilligung keine Rede sein. Die Berufskammer darf daher nur dann Fotos veröffentlichen, wenn sie die Teilnahme an der Veranstaltung nicht mit einer Einwilligung verknüpft. Mit anderen Worten: Es muss sichergestellt sein, dass die Einwilligung freiwillig erfolgt.
Quelle: Die Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen, Tätigkeitsbericht 2019, S. 177f.